Prozessschutz aus Sicht einer holistischen Ethik

Gorke, Martin
Natur und Kultur, Jg. 7/1 (2006), Seiten 88-107

Zunehmend wird im Naturschutz die Leitlinie propagiert, natürliche Prozesse zu schützen, was bedeutet, möglichst wenig in die Abläufe der Natur einzugreifen. Dieser Aufsatz geht der Frage nach, ob und wie sich dies begründen lässt. Dabei zeigt sich, dass die von Naturschutzbehörden und Verbänden meistens angeführten anthropozentrischen Argumente nur unzureichend in der Lage sind, die drei Kernelemente des Prozessschutzgedankens zu rechtfertigen: Ergebnisoffenheit, Konsequenz und Vorrangigkeit. Diese Ziele lassen sich nur unter der Annahme eines Eigenwerts der gesamten Natur plausibel machen, wie ihn eine holistische Umweltethik postuliert. Ich argumentiere zugunsten dieser Ethik und skizziere einige ihrer Konsequenzen sowohl für menschliches Handeln in der Kulturlandschaft als auch für die Betreuung von Naturschutzgebieten.

Respekt vor der Rheinlandschaft – Überlegungen aus naturethischer Sicht

Stähli, Fridolin
Natur und Kultur, Jg. 6/2 (2005), Seiten 120-132

In diesem Essay plädiere ich für eine holistische Haltung, die uns Menschen einen Platz im Einklang mit der Natur zuweist und uns auffordert, diese als Mitwelt und nicht nur als Ressourcen spendende Umwelt zu betrachten. Wir wurden nicht in eine Welt zu unseren Diensten geboren; wir leben mit vielen anderen Lebewesen in einem komplexen Wechselspiel auf der Erde und sind gleichzeitig durch sie und mit ihr in einem langen Entwicklungsprozess entstanden. Das erfordert von uns Respekt und Achtsamkeit. Mit einer solchen Haltung gewinnen wir innere Freiheit und sind in der Praxis in der Lage, außermenschliche Natur zu schützen und zu erhalten, und das um ihrer selbst willen. Ich will das konkret am Beispiel des Landschaftsschutzes zeigen, indem ich zwei unberührte, wilde Flussabschnitte des Alpenrheins näher betrachte, die in der jüngsten Vergangenheit wegen Kraftwerkbauten heftig umkämpft waren: die Greina-Hochebene und die Mastrilser Rheinauen.

Rachel Carsons Umweltethik

Cafaro, Philip
Natur und Kultur, Jg. 6/2 (2005), Seiten 100-119

Die Schriftstellerin, Wissenschaftlerin und Naturschützerin Rachel Carson hat in den USA als eine Gründerin der modernen Umweltschutzbewegung Bekanntheit erlangt. In diesem Artikel vertrete ich die Meinung, dass ihr Leben und ihr Werk der heutigen Umweltphilosophie viel zu bieten haben. Ich erörtere zunächst die in Silent Spring dargelegte Umweltethik. Anschließend betrachte ich Carsons frühere naturkundliche Werke und den Nicht-Anthropozentrismus, der darin zum Ausdruck kommt. Ich schließe mit einigen Anregungen, wie Carson für die Umweltethik richtungsweisend sein kann.

Vom Grundrecht des Menschen zum Grundrecht der Natur

Mayer-Tasch, Peter Cornelius
Natur und Kultur, Jg. 4/2 (2003), Seiten 105-114

Nichts hat das Selbstbewusstsein des heutigen Verfassungsstaates mehr geprägt als die Idee der Rechtsstaatlichkeit – die Idee des government of laws and not of men (John Locke). Herzstück dieser Rechtsstaatlichkeit ist die Einräumung und Gewährleistung von Grundrechten, die nicht nur den appeal to heaven (ders.) säkularisieren, sondern auch den appeal to the courts garantieren. So hilfreich die Idee der Rechtsstaatlichkeit aber auch gewesen sein mochte, um der Herrschaft von Menschen über Menschen Grenzen zu setzen, so wenig hilfreich hat sie sich im Hinblick auf die Bemühung um die Verhinderung oder doch Beschränkung der wirtschaftlichen Ausbeutung von Menschen durch Menschen im 19. und beginnenden 20. Jahrhundert (zum Teil aber auch noch heute) erwiesen. Und dasselbe gilt auch für die Ausbeutung der Natur durch die Menschen.

Nachhaltige Entwicklung und Umweltethik

Stenmark, Mikael
Natur und Kultur, Jg. 4/1 (2003), Seiten 3-33

In diesem Artikel werden die Werte und ethischen Prinzipien erörtert, die von den Entscheidungsträgern in ihrer Umweltpolitik oft als gegeben vorausgesetzt werden. Zunächst wird analysiert, worin die ‘Ethik der nachhaltigen Entwicklung‘ besteht, die uns von der UNO und den Regierungen der Welt ans Herz gelegt wird. Danach stellt dieser Artikel Alternativen zu diesem Ethiktypus vor und legt dar, inwieweit unterschiedliche Umweltethiken (Anthropozentrismus, Biozentrismus und Ökozentrismus) sich auch für verschiedene Ziele des Umweltmanagements aussprechen und unterschiedliche politische Strategien in Bezug auf Bevölkerungswachstum, Landwirtschaft sowie Schutz und Management von Wildnisgebieten und gefährdeten Arten hervorbringen.