Tiefe Wurzeln: Eine kleine Begriffsgeschichte von „sustainable development“ – Nachhaltigkeit

Grober, Ulrich
Natur und Kultur, Jg. 3/1 (2002), Seiten 116-128

Geht man in der Geschichte des Begriffs bis zu den Anfängen zurück, so stößt man auf ein Buch, das 275 Jahre vor dem Brundtland-Bericht geschrieben wurde. In der ‘Sylvicultura oeconomica oder Anweisung zur wilden Baum-Zucht’, erschienen 1713 in Leipzig, erörtert der Verfasser die Frage, „wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen / daß es eine continuirliche beständige und n a c h h a l t e n d e Nutzung gebe. In diesem Kontext, in der Form ‘nachhaltend’ und bezogen auf die damals zentrale Ressource Holz taucht das Wort in seiner modernen Bedeutung zum ersten Mal im Druck auf.

Vom Eigenwert der Natur:
Grundzüge einer Naturschutzethik

Gorke, Martin
Broschüre des NABU Schleswig-Holstein, 2004

In der Umweltethik gibt es vier verschiedene Grundpositionen. Sie unterscheiden sich im Umfang der Naturobjekte, denen ein Eigenwert zugeschrieben wird. Eigenwert bedeutet, dass etwas nicht nur aufgrund seines instrumentellen Wertes, seines Nutzens, rücksichtsvoll behandelt werden soll, sondern um seiner selbst willen. Ihm gegenüber bestehen direkte Pflichten. Die Klassifikation der verschiedenen Konzepte lässt sich anhand konzentrischer Kreise veranschaulichen, die um den Handelnden, das Zentrum der Rücksichtnahme, geschlagen werden. Die Kreise symbolisieren dabei unterschiedlich große Moralgemeinschaften. Jede Ausweitung der Rücksichtnahme schließt alle früheren Rücksichten mit ein.

Entwarnung beim Artensterben?
Eine Kritik an Bjørn Lomborg

Gorke, Martin
Natur und Kultur, Jg. 3/2 (2002), Seiten 120-124

Gegenwärtig wird in vielen Medien über das Buch von Bjørn Lomborg (2002) „Apocalypse: No! Wie sich die menschlichen Lebensgrundlagen wirklich entwickeln“ berichtet. In dem 556 Seiten umfassenden Werk versucht der dänische Statistikprofessor die Einschätzungen und Warnungen der Ökologiebewegung sowie professioneller Naturschützer auf nahezu allen Gebieten zu widerlegen. Lomborgs These lautet im Kern, dass in Zukunft alles besser und besser werde und die Rede von einer ökologischen Krise des Planeten unverantwortliche Schwarzmalerei sei. Während neoliberale Kreise diese These Lomborgs dankbar aufgegriffen haben, ist der um den Zustand der Natur besorgte Zeitgenosse verunsichert. Wem soll er in diesem Streit um Zahlen glauben, den Naturschützern oder ihrem Kritiker?

„…der schönste Stern am Firmament“
Über den Blick von außen auf den blauen Planeten

Grober, Ulrich
Natur und Kultur, Jg. 7/2 (2006), Seiten 111-124

„Wir brachen auf, um den Mond zu erkunden“, sagte der Kommandant von Apollo 17, Eugene Cernan, später in einem Interview, „aber wir entdeckten die Erde“. Dieser Blick zurück war bei ihm – wie bei allen anderen, die jemals die Erde aus dem Kosmos sahen – von tiefen Emotionen begleitet: „Du siehst aus dem Fenster und blickst, durch 400.000 Kilometer schwarzen Weltraum, zurück auf den schönsten Stern am Firmament.“ Bereits auf dem Hinflug am 7. Dezember hatte Harrison Schmitt im Kontakt mit der Bodenstation über die Schönheit der saphirblauen Erde meditiert: „Man wünscht sich eigentlich, es wäre ein Dichter mit auf einem dieser Flüge …“

Verteidigung des Federgeistchens: Über Ökologie und über Ökologie hinaus

Dahl, Jürgen
Natur und Kultur, Jg. 7/2 (2006), Seiten 79-93

Im ökologischen Verständnis der Blattlaus spielt die Marienkäfer-Larve die Rolle des höchst unerwünschten Todfeindes, während sie, eben wegen ihres Appetits auf Blattläuse, dem ‘ökologisch’ denkenden Menschen als willkommene Helferin gilt. Die Frage, wer mit seiner Einschätzung der Marienkäfer-Larve eher im Recht wäre, lässt sich nicht mit Hilfe der Ökologie beantworten, denn die Ökologie sagt nichts über das Recht eines Lebewesens, in seiner Umwelt zu überleben, sondern skizziert nur die Muster der Abläufe, innerhalb derer dieses Überleben gelingt – oder scheitert. Nicht an unseren fadenscheinigen Detailkenntnissen hätte sich unser Handeln in der Natur zu orientieren, sondern an unseren Unkenntnissen; da ließe sich der gröbste Unfug, zu dem die Kenntnisse missbraucht werden, vielleicht vermeiden. Nimmt man die Unwissenheit zum Maßstab, die Unfassbarkeit der vielfältigen Zusammenhänge, die Unermesslichkeit der niemals ganz aufzudeckenden Lebensbezüge, dann verschwindet das dürre Gerüst ökologischer Regelwerke und Diagramme und Stoffbilanzen hinter dem Bild des großen unbegreiflichen Gartens.