Wie viele Arten brauchen wir?

Gerdes, Jürgen
Natur und Kultur, Jg. 1/1 (2000), Seiten 89-108

Ein Gespenst geht um in der Ökologie. Es treibt sein Unwesen in den kubischen Glasmetallbauten ökologischer Institute, taucht unvermutet in Forschungsprogrammen der Europäischen Union auf oder geistert durch Denkmodelle arrivierter Professoren, die der Freilandökologie längst entwachsen sind und Natur lieber in der virtuellen Welt ihrer Laboratorien und Computer simulieren. Noch hüllt es sich, wohl wissend, dass es das Publikum nicht zu sehr erschrecken darf, in arglos klingende Formeln: „Modellierung von Stoffumsätzen auf Ökosystemebene”, „Abschätzung der Stabilität und Belastbarkeit von Ökosystemen“, „Fuzzy-Control für den Planeten Erde“.

Energetischer Stoffwechsel und nachhaltige Entwicklung

Haberl, Helmut
Natur und Kultur, Jg. 1/1 (2000), Seiten 32-47

Der Energieinput der Menschheit ist seit der neolithischen Revolution um mehrere Größenordnungen angestiegen. Bei einer Fortschreibung gegenwärtiger Trends würde der weltweite Energieinput bereits 2050 über 50% der terrestrischen NPP entsprechen. Die Rückkehr zu einer vorwiegend auf Biomasse basierenden Subsistenzweise zur Lösung der durch Fossilenergie verursachten Nachhaltigkeitsprobleme erscheint somit ausgeschlossen. Eine nachhaltige Entwicklung erfordert vielmehr eine Kombination aus Energiesparen und der Entwicklung von neuen erneuerbaren Energiequellen.

Der tödliche Pfeil – Ludwig Klages’ Kultur- und Zivilisationskritik

Reschika, Richard
Natur und Kultur, Jg. 7/2 (2006), Seiten 62-78

Als philosophische Prophetenfigur, als konservativer Revolutionär, als Vordenker der ökologischen Bewegung, aber auch als innovativer Psychologe, hat Klages jenseits des akademischen mainstream ein Werk von beeindruckender Vielfalt und Spannweite hinterlassen, das in dem epochalen Opus magnum Der Geist als Widersacher der Seele kulminiert: Das vielleicht am konsequentesten angelegte und durchgearbeitete Werk im Sinne einer umfassenden Wirklichkeitslehre, das die sogenannte ‘Lebensphilosophie’ hervorgebracht hat. Die darin behandelte Problematik kreist um die Gefährdung des Menschen durch die zersetzende Übermacht des Geistes, das heißt vor allem des rationalen Zweckdenkens, das sich in lebensfeindlicher Wissenschaft und Technik, devotem Mammonsdienst, psychischer Selbstverstümmelung sowie weitreichender Umweltzerstörung äußert.

Tiefe Wurzeln: Eine kleine Begriffsgeschichte von „sustainable development“ – Nachhaltigkeit

Grober, Ulrich
Natur und Kultur, Jg. 3/1 (2002), Seiten 116-128

Geht man in der Geschichte des Begriffs bis zu den Anfängen zurück, so stößt man auf ein Buch, das 275 Jahre vor dem Brundtland-Bericht geschrieben wurde. In der ‘Sylvicultura oeconomica oder Anweisung zur wilden Baum-Zucht’, erschienen 1713 in Leipzig, erörtert der Verfasser die Frage, „wie eine sothane Conservation und Anbau des Holtzes anzustellen / daß es eine continuirliche beständige und n a c h h a l t e n d e Nutzung gebe. In diesem Kontext, in der Form ‘nachhaltend’ und bezogen auf die damals zentrale Ressource Holz taucht das Wort in seiner modernen Bedeutung zum ersten Mal im Druck auf.

Entwarnung beim Artensterben?
Eine Kritik an Bjørn Lomborg

Gorke, Martin
Natur und Kultur, Jg. 3/2 (2002), Seiten 120-124

Gegenwärtig wird in vielen Medien über das Buch von Bjørn Lomborg (2002) „Apocalypse: No! Wie sich die menschlichen Lebensgrundlagen wirklich entwickeln“ berichtet. In dem 556 Seiten umfassenden Werk versucht der dänische Statistikprofessor die Einschätzungen und Warnungen der Ökologiebewegung sowie professioneller Naturschützer auf nahezu allen Gebieten zu widerlegen. Lomborgs These lautet im Kern, dass in Zukunft alles besser und besser werde und die Rede von einer ökologischen Krise des Planeten unverantwortliche Schwarzmalerei sei. Während neoliberale Kreise diese These Lomborgs dankbar aufgegriffen haben, ist der um den Zustand der Natur besorgte Zeitgenosse verunsichert. Wem soll er in diesem Streit um Zahlen glauben, den Naturschützern oder ihrem Kritiker?