Nachhaltig unnachhaltig?

Morosini, Marco
GAIA Jg. 13/3 (2004), Seiten 165-166

Warum scheitern seit drei Dekaden die Industrieländer bei ihren historischen Aufgaben, sich selbst zu reformieren und dem Rest der Welt einen universal praktikablen Entwicklungspfad anzubieten? Schon in den siebzigen Jahren galten die Darstellung von „Unterentwicklung und Überentwicklung“ als die zwei Seiten der Medaille. Das „Plädoyer für eine andersartige Entwicklung“ war eine ungeschminkte Formulierung dessen, was im Brundtland-Report und in der Agenda 21 wahrgenommen wurde. Drei Dekaden später (1999) sind für das UNEP „die fortdauernde Armut der Mehrheit der Erdeinwohner und der übertriebene Konsum der Minderheit die zwei Hauptursachen der Umweltverschlechterung”. Allerdings quält in den Industrieländer Ökonomen und Politiker nur eine Sorge: Wie können Binnennachfrage stimuliert und den Konsum angekurbelt werden, damit wir mehr und länger arbeiten können? Hätte jemand diese Frage in früheren Zivilisationen gestellt, wäre er wohl für geistesgestört gehalten worden.

Nachhaltigkeit: Ökonomischer Mythos und ökologische Realität

Rees, William E.
Natur und Kultur, Jg. 3/1 (2002), Seiten 3-34

Nachhaltige Entwicklung, so beteuert die aktuelle Mythologie, lässt sich durch unbegrenzte, vom Freihandel vorangetriebene Wirtschaftsexpansion erreichen. In Wirklichkeit ist ein derart extrem auf den freien Markt ausgerichtetes Denken jedoch das Gegenteil vernünftiger Ökonomik und die daraus resultierenden Fehlschläge beschleunigen den Zusammenbruch der neoliberalen Wirtschaftstheorie. Damit wird der Weg frei, das Nachhaltigkeitsrätsel weniger als ökonomisches Problem, sondern vielmehr als Krise der ‘menschlichen Ökologie’ zu sehen. Der ‘ökologische Fußabdruck’ der Menschheit ist bereits größer als der Planet und weiteres materielles Wirtschaftswachstum wäre eine Gefahr für die Intaktheit der Ökosphäre. Ökologische Nachhaltigkeit zu erreichen und gleichzeitig die sozioökonomische Ungerechtigkeit zu vermindern wird nur durch eine bisher beispiellose internationale Zusammenarbeit möglich sein, wäre aber ein Schritt nach vorne in der kulturellen Evolution des Menschen.

Ökologische Nachhaltigkeit als Knappheitsproblem:
Ein kritischer Blick auf die ökonomische Konstruktion der ökologischen Wirklichkeit

Luks, Fred
Natur und Kultur, Jg. 6/1 (2005), Seiten 23-42

Die Wirtschaft und die Wirtschaftswissenschaft sind entscheidende Faktoren für ökologische Nachhaltigkeit. Vor diesem Hintergrund wird die ‘ökonomische Konstruktion der ökologischen Wirklichkeit’ untersucht. Dabei steht das ökonomische Konzept der Knappheit im Mittelpunkt. Knappheit als Verhältnis von Zielen und Mitteln hat sich im Laufe der Zeit sowohl empirisch als auch konzeptionell gewandelt. Dabei ist der paradoxe Charakter von Knappheit in einer begrenzten Welt von grundlegender Bedeutung, da Wachstum zur Beseitigung von Knappheit immer mehr Knappheit produziert. Der Beitrag problematisiert daher die Unterscheidung zwischen relativer und absoluter Knappheit ebenso wie die Grundsatzfrage nach der wirtschaftlichen Nutzung der Natur.

Natur und Kapital: Über die Bedingungen nachhaltigen Wirtschaftens

Scherhorn, Gerhard
Natur und Kultur, Jg. 5/1 (2004), Seiten 65-81

Die Südseeinsel Nauru wurde durch Phosphatabbau ökologisch zerstört, aber mit einem Fonds in solcher Höhe entschädigt, dass die jährlichen Zinsen der Insel in den 1990er Jahren ein größeres Volkseinkommen verschafften, als sie es durch nachhaltiges Wirtschaften hätte erringen können. Dennoch lässt sich am Beispiel der Insel zeigen, dass Naturkapital nicht durch Finanzkapital substituierbar ist. Durch kurzsichtige Konzepte von ‘schwacher Nachhaltigkeit’ darf man sich nicht darüber hinwegtäuschen lassen, dass generalisierbar nur ein Nachhaltigkeitsbegriff sein kann, der insbesondere drei Bedingungen genügt: Erhaltung des kritischen Naturkapitals, Wiedergewinnung der eingesetzten Stoffe, Eindämmung der Kapitalexpansion.

Was ist postmoderne Umweltpolitik?
Grenzen der Naturnutzung und ökologische Vorsichtsstrategien

Luks, Fred
Natur und Kultur, Jg. 2/2 (2001), Seiten 23-44

Die Senkung des Material- und Energiedurchsatzes (Scale) der industriellen Metabolismen der OECD-Staaten ist Grundbedingung einer globalen nachhaltigen Entwicklung. Im folgenden Text wird hinterfragt, welche Bedeutung ‘natürliche’ Wachstumsgrenzen für diese Forderung haben und wie plausibel die Forderung nach einer Scale-Reduktion um den Faktor 10 ist. Es wird argumentiert, dass Wissen über Wachstumsgrenzen notwendigerweise fragmentarisch und konstruiert ist und deshalb Entscheidungen über die Reduktion des Scale getroffen werden müssen. Für derlei Entscheidungen und ihre Durchsetzung ist die ökonomische Konstruktion der ökologischen Wirklichkeit ein wichtiger Faktor. Die Natur nicht effizient zu nutzen, ist mit herrschender wirtschaftlicher Rationalität nicht vereinbar.