Der tödliche Pfeil – Ludwig Klages’ Kultur- und Zivilisationskritik

Reschika, Richard
Natur und Kultur, Jg. 7/2 (2006), Seiten 62-78

Als philosophische Prophetenfigur, als konservativer Revolutionär, als Vordenker der ökologischen Bewegung, aber auch als innovativer Psychologe, hat Klages jenseits des akademischen mainstream ein Werk von beeindruckender Vielfalt und Spannweite hinterlassen, das in dem epochalen Opus magnum Der Geist als Widersacher der Seele kulminiert: Das vielleicht am konsequentesten angelegte und durchgearbeitete Werk im Sinne einer umfassenden Wirklichkeitslehre, das die sogenannte ‘Lebensphilosophie’ hervorgebracht hat. Die darin behandelte Problematik kreist um die Gefährdung des Menschen durch die zersetzende Übermacht des Geistes, das heißt vor allem des rationalen Zweckdenkens, das sich in lebensfeindlicher Wissenschaft und Technik, devotem Mammonsdienst, psychischer Selbstverstümmelung sowie weitreichender Umweltzerstörung äußert.

Vom Eigenwert der Natur:
Grundzüge einer Naturschutzethik

Gorke, Martin
Broschüre des NABU Schleswig-Holstein, 2004

In der Umweltethik gibt es vier verschiedene Grundpositionen. Sie unterscheiden sich im Umfang der Naturobjekte, denen ein Eigenwert zugeschrieben wird. Eigenwert bedeutet, dass etwas nicht nur aufgrund seines instrumentellen Wertes, seines Nutzens, rücksichtsvoll behandelt werden soll, sondern um seiner selbst willen. Ihm gegenüber bestehen direkte Pflichten. Die Klassifikation der verschiedenen Konzepte lässt sich anhand konzentrischer Kreise veranschaulichen, die um den Handelnden, das Zentrum der Rücksichtnahme, geschlagen werden. Die Kreise symbolisieren dabei unterschiedlich große Moralgemeinschaften. Jede Ausweitung der Rücksichtnahme schließt alle früheren Rücksichten mit ein.

Verteidigung des Federgeistchens: Über Ökologie und über Ökologie hinaus

Dahl, Jürgen
Natur und Kultur, Jg. 7/2 (2006), Seiten 79-93

Im ökologischen Verständnis der Blattlaus spielt die Marienkäfer-Larve die Rolle des höchst unerwünschten Todfeindes, während sie, eben wegen ihres Appetits auf Blattläuse, dem ‘ökologisch’ denkenden Menschen als willkommene Helferin gilt. Die Frage, wer mit seiner Einschätzung der Marienkäfer-Larve eher im Recht wäre, lässt sich nicht mit Hilfe der Ökologie beantworten, denn die Ökologie sagt nichts über das Recht eines Lebewesens, in seiner Umwelt zu überleben, sondern skizziert nur die Muster der Abläufe, innerhalb derer dieses Überleben gelingt – oder scheitert. Nicht an unseren fadenscheinigen Detailkenntnissen hätte sich unser Handeln in der Natur zu orientieren, sondern an unseren Unkenntnissen; da ließe sich der gröbste Unfug, zu dem die Kenntnisse missbraucht werden, vielleicht vermeiden. Nimmt man die Unwissenheit zum Maßstab, die Unfassbarkeit der vielfältigen Zusammenhänge, die Unermesslichkeit der niemals ganz aufzudeckenden Lebensbezüge, dann verschwindet das dürre Gerüst ökologischer Regelwerke und Diagramme und Stoffbilanzen hinter dem Bild des großen unbegreiflichen Gartens.

Eine Ethik für den gesamten Planeten: Gedanken über den Eigenwert der Natur

Rolston III, Holmes
Natur und Kultur, Jg. 7/2 (2006), Seiten 24-40

Jedes Lebewesen bewahrt sein Leben und in diesem Sinne ist Bewahrung der Biologie immanent. Nicht-Bewahrung bedeutet Tod. Organismen haben ein Gutes ihrer selbst, das in Abstammungslinien bewahrt und weiterentwickelt wird, woraus die Biodiversität auf Erden entsteht. Die Bemühungen für den Schutz der Natur, etwa in Wildnisgebieten, anerkennen instrumentelle, intrinsische und systemische Werte der Natur. In der heutigen Welt haben große Teile dieser freien Natur zu existieren aufgehört, da sie in menschlich dominierte Landschaften umgewandelt wurden. Aber die Natur sollte auch ein Zweck an sich sein.

Gestalt-Ontologie und Identifikation mit der Natur:
Über Arne Naess und die Philosophie der Deep Ecology

Diehm, Christian
Natur und Kultur, Jg. 7/2 (2006), Seiten 3-23

Dieser Beitrag bietet einen Überblick über einige der zentralen philosophischen Themen in der Öko-Philosophie von Arne Naess und anderen Denkern, die für die Deep-Ecology-Bewegung eintreten. Zunächst erörtere ich die von Naess vorgelegte Gestalt-Ontologie, anschließend nehme ich einige Begriffe unter die Lupe, die generell häufiger mit den Werken von Deep-Ecology-Theoretikern assoziiert werden, darunter Identifikation mit der Natur und Selbst-Realisierung. Ich vertrete die Position, dass diese Denker mehr als nur eine Form von Identifikation beschreiben und dass die eine Form für gewisse anhaltende Kritik am Gedankengebäude der Deep Ecology weniger angreifbar ist als die andere.